Kreis Heinsberg & Region

15. Hückelhovener Suchtforum zum Thema Synthetische Opioide

    Foto: Eva Weingärtner  

    Bildunterschrift: Referent Dr. Heinrich Elsner, Marlies Trapp, Leiterin der Beratungsstelle für Suchtfragen, Bürgermeister Bernd Jansen und Referent Professor Dr. Michael Klein (v. l.) freuten sich über das große Interesse am 15. Hückelhovener Suchtforum. 

    Hückelhoven. Ob synthetische Opioide sich zu einem neuen Trend in Zukunft entwickeln werden, dies wurde beim 15. Hückelhovener Suchtforum im evangelischen Gemeindezentrum zwar nicht ausgeschlossen, jedoch war die Antwort auf diese Fragestellung, unter der die Veranstaltung stand, am Ende zweitranging. Vielmehr ging es darum aufzuzeigen, dass opioidhaltige Medikamente bzw. synthetische Rauschmittel einfach aus der Apotheke– mit und ohne Rezept – beschafft und über den Grund der Einnahme hinaus weiter konsumiert werden können. Der Fokus war deshalb auf den Suchthilfen verbunden mit einer klaren Forderung am Veranstaltungsende nach einer rationalen Drogenpolitik, die frei ist von Bestrafung und Verboten, sondern stattdessen die Mündigkeit, das Wohl und die Gesundheit der Menschen fördert. 

    92 Teilnehmer, darunter unter anderem Vertreter aus der ambulanten und stationären Eingliederungshilfe, Schulsozialarbeit, Schulen, Jugendwerkstatt, Substitutionspraxen, Suchtberatungsstelle des Kreises und der Städteregion Aachen, der Psychiatrie, Bewährungshilfe und JVA, hatten sich im Vorfeld angemeldet. Dies zeigte das große Interesse an dem Suchtforum, veranstaltet von der Beratungsstelle für Suchtfragen in Trägerschaft des Caritasverbandes für die Region Heinsberg e.V. in Kooperation mit dem Diakonischen Werk des Kirchenkreises Jülich, das wie Hückelhovens Bürgermeister Bernd Jansen in seinem  Grußwort herausstellte „ein Netzwerk des Austauschs“ ist. Es gehe letztendlich darum, jenen Menschen, die abhängig von Suchtmitteln oder auch Opioiden wie Schmerzmittel seien, zu helfen. Eine wichtige Anlaufstelle sei da die Suchtberatungsstelle, so der Bürgermeister. Diese werde in letzter Zeit auch von Klienten unterschiedlichen Alters wegen einer Opiatabhängigkeit aufgesucht, verdeutlichte Marlies Trapp¸ Leiterin der Suchtberatungsstelle. Diese damit verbundenen „schockierenden Erfahrungen“ hätten zum Thema des Suchtforums geführt.

    Was genau synthetische Opioide sind, dies verdeutlichte Dr. Heinrich Elsner, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie, Schwerpunkt Suchtmedizin. Er zeigte auf, dass in einigen Lebensmitteln wie Bitterorange und Koffein Opioide in niedriger Dosierung enthalten sind, deren alltäglicher Konsum nicht gleichzusetzen ist mit einer Sucht. Er grenzte diese ab zu den psychoaktiven Substanzen wie Opioiden (z.B. Heroin, Medikamente), Alkohol, Cannabinoide, Sedativa, Schlafmittel und Halluzinogene. Und unterschied dabei nochmals die rezeptfreien Medikamente wie Paracetamol und Ibuprofen und Imodium gegen Durchfall von den rezeptpflichtigen wie Tramadol und Tilidin, die beide in der Schmerztherapie Anwendung finden. Dr. Elsner klärte über die Nebenwirkung „Sucht“ solcher Medikamente bzw. Opioide auf und darüber, dass einige dieser Mittel – auch der frei verkäuflichen – ganz einfach mit wenigen Dazutun in Opiate umgewandelt werden können. In der Apotheke oder im Internet gebe es viele Medikamente, die der, „der sein Leben nicht aushalten kann und will“, missbrauchen könne, so der Referent.

    Welche Aufgaben und Möglichkeiten der Suchthilfe es dann in solchen Fällen gibt, dies beleuchtete Professor Dr. Michael Klein, Klinischer Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut, emeritierter Professor an der Katholischen Hochschule sowie langjähriger Leiter in Suchtfachkliniken. Seine Ausführungen begannen mit einem Exkurs in die Kultur- und Sozialgeschichte der Opiate, heute gleich zu setzen mit Opioiden, um aufzuzeigen, dass diese schon immer als Medikamente (zur Schmerzdämpfung, nach einer Traumatisierung) eingesetzt wurden, wohlwissend der Gefahr einer Dosissteigerung und der damit verbundenen möglichen Suchtmittelabhängigkeit. Die Vulnerabilität machte er anhand von drei Faktoren – psychische, biologisch und Umfeld – aus. Professor Dr. Klein unterstrich dabei, dass auf 1000 Einwohner in Deutschland drei Opioidabhängige kommen. Das macht eine Gesamtzahl von 180.000 Opioidabhängigen, von denen sich 77.000 in einer substitutionsgestützten Behandlung befinden. Wege, die in eine Opioidabhängigkeit führen sind, so der Referent, Neugierde, Experimentierfreude und Impulsivität, die Animation durch das soziale Umfeld und Internet, die Selbstmedikation (nach einer Traumatisierung) und die Schmerzbehandlung. Für den Weg daraus, sei es wichtig, das Thema zu enttabuisieren. „Das Sprechen über den Konsum muss normal werden“, so Professor Dr. Michael Klein. Gleichzeitig bezeichnete er es als falsch, dass unser deutsches System erst die Abstinenz vor der Behandlung der zugrunde liegenden Störung verlangt. Er plädierte zudem für eine gute Kooperation zwischen Suchthilfe und Schmerzhilfe, mehr Bemühungen um psychotherapeutische Hilfen als lediglich die reine Substitution sowie vermehrte Schmerzprävention und einer Suchtprävention, auch in Richtung Konsumentenberatung.


     Text: Eva Weingärtner



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