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Minijobber: Wenn der Arbeitsplatz ein privater Haushalt ist

Foto: Annette Riedl/dpa/dpa-mag

Bildunterschrift: Arbeitsplatz mit besonderen Herausforderungen: Haushaltshilfen sind häufig in Räumen tätig, die ihre Arbeitgeber zur Privatsphäre zählen.

Bochum/Köln. Fremde Betten beziehen, anderer Leute Hemden bügeln, Kinder hüten: Wer etwa als Minijobberin oder Minijobber in privaten Haushalten arbeitet, ist zumeist auch in dem Raum unterwegs, den die Arbeitgeber bewohnen, der Teil ihrer Privatsphäre ist.

Dass es dabei manchmal zu Reibungen kommt, weiß Laura Geiger von der Hochschule für Gesundheit in Bochum sehr genau. Sie hat im Rahmen des Forschungsprojektes «Gekonnt hanDeln» gemeinsam mit Wissenschaftlern der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe die besonderen Bedingungen untersucht, unter denen Haushaltshilfen in Privathaushalten arbeiten.

Eine der zentralen Erkenntnisse des Projekts unter der Leitung von Professorin Gudrun Faller: Die Arbeitnehmer fühlen sich häufig abgewertet in dem, was sie tun, nicht ausreichend wertgeschätzt in ihrer Arbeit.

Aufgaben genau abstecken

Auch zwischenmenschliche Aspekte und ein oftmals stark ausgeprägtes Verantwortungsgefühl machten vielen Beschäftigen zu schaffen, sagt Geiger. "Sie sind oft sehr bemüht, das Vertrauensverhältnis nicht zu belasten. Dann kommt es dazu, dass man auch nach Feierabend noch überlegt, ob man das Licht ausgestellt und die Tür abgeschlossen hat."

Neben physischen Herausforderungen, die häufig zu Beschwerden im Muskel-Skelett-Bereich führten, gaben die Befragten auch Belastungen im psychosozialen Bereich an: Schwierigkeiten mit dem Setzen von Grenzen etwa. Und damit, die eigene Arbeitsleistung auf den tatsächlichen Verantwortungsbereich zu beschränken.

Das kann zu Konflikten führen, so Geiger. Zum Beispiel in Situationen, "in denen persönliche Grenzen überschritten werden". Manchmal führten aber auch Sprachbarrieren zu Missverständnissen oder eine ungleiche Vorstellung davon, wie Aufgaben erledigt werden sollten. "Da kann man eigentlich nur empfehlen, von Anfang an transparent zu klären, wie gearbeitet werden soll, welche Regelungen zugrunde liegen und was zu den Aufgaben gehört", sagt Geiger.

Arbeitsvertrag ist sinnvoll

Am besten lassen sich diese Details im Rahmen eines Arbeitsvertrags festlegen. Doch dieser ist für Beschäftigte auf Minijob-Basis nicht zwingend, wie Christiane Krüger, Pressesprecherin der Knappschaft Bahn See und der Minijob-Zentrale Deutschland, erklärt. Spätestens einen Monat nach Beschäftigungsbeginn seien Arbeitgeber jedoch verpflichtet ihren Minijobbern einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Arbeitsbedingungen auszuhändigen.

Dennoch: Die Ausfertigung eines Arbeitsvertrags ist zu empfehlen. "Dies bietet beiden Vertragspartnern die notwendige Rechtssicherheit und Transparenz", sagt Krüger. Darin sollten Vereinbarungen über die Arbeitszeit, die Höhe des Verdienstes und den Urlaubsanspruch getroffen werden.

Laura Geiger rät außerdem, auch Regelungen über den Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers schriftlich aufzunehmen. Über eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall müsse im Arbeitsvertrag nicht zwingend etwas festgehalten werden, so Krüger. Der Anspruch richte sich automatisch nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Egal ob Kinderbetreuung, Putzdienste oder Einkäufe - die Arbeit in einem Privathaushalt sei immer meldepflichtig, wenn es sich nicht um eine, bestenfalls gegen ganz geringes Entgelt erbrachte, Gefälligkeit oder übliche Nachbarschaftshilfe handle, sagt die Fachanwältin für Arbeitsrecht Nathalie Oberthür. Wichtig zu wissen für alle Beteiligten: Auch im Privathaushalt muss natürlich der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden, derzeit also 12 Euro pro Stunde.

Und was, wenn mal eine Vase oder ein Teller aus Versehen zu Bruch geht? Für Schäden, die bei der Ausübung des Minijobs entstehen, könne die Haushaltshilfe in der Regel nicht haftbar gemacht werden, sagt Christiane Krüger. Vielmehr trügen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber das Schadensrisiko selbst. "Die Haushaltshilfe kann nur haftbar gemacht werden, wenn sie den Schaden schuldhaft verursacht hat."

Keine Anrufe in der Freizeit

Einfach mag der Umgang mit solchen Situationen dennoch nicht immer sein. Wie man mit zerbrochenen Vasen und anderen typischen Konfliktsituationen umgeht, das betrachtet eine Videoreihe auf der Webseite "gekonnt-handeln.de". Demnach die beste Lösung: Klar, das Missgeschick nicht verheimlichen - bezahlen muss man die kaputte Vase dennoch nicht.

Und wenn am späten Abend noch ein Anruf der privaten Arbeitgeber reinkommt, etwa geklärt werden soll, was, wann, wie zu reinigen ist? Hier gibt ein Video auf der Seite ebenfalls eine Antwort: Auch wer für Privatleute arbeitet, muss in seiner Freizeit nicht mit Auftraggebern telefonieren. Am besten demnach: Klare Grenzen setzen - und diese auch kommunizieren.

Zwar sind gesetzlichen Regelungen klar. Trotzdem sieht die Realität der Minijobber oft anders aus. So hat das Team um Laura Geiger in einer Onlinebefragung mit knapp 230 Teilnehmenden festgestellt, dass etwa 20 Prozent der Befragten angaben, keinen Anspruch auf Urlaub zu haben, etwa 35 Prozent sagten, sie erhielten keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Und etwa 40 Prozent der Befragten gaben an, dass es keine schriftliche Vereinbarung über ihre Arbeitsbedingungen gebe.

Und noch etwas fehlt: eine Stelle, an die sich Beschäftigte im Konfliktfall wenden können. "Das ist natürlich ein riesiger Unterschied zu Beschäftigten, die in einem betrieblichen Kontext arbeiten", so Laura Geiger. Sie sagt: "Das ist tatsächlich ein Problem."

dpa

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